Trächtigkeitstagebuch

Sommer 2018: Nachdem Lori alle Untersuchungen (Herz, Augen, DNA-Analysen bei MyDogDNA und den DNA-Fingerprint) sowie die Zuchtzulassung (inkl. Größenmessung und Beurteilung des Phänotyps und des Wesens) und eine Wiederholungsimpfung für Staupe, Hepatitis und Parvovirose im Laufe der letzten Monate positiv abgeschlossen hat, nochmal physiotherapeutisch auf eventuelle Verspannungen oder dergleichen durchgecheckt wurde, warten wir auf die Läufigkeit…

August 2018: Erste Anzeichen der Läufigkeit! Lori wird nochmals mit Panacur entwurmt.

20. August 2018: Die Läufigkeit beginnt. Lori erhält zusätzlich zu einer ohnehin abwechslungsreichen und frischen Ernährung Folsäure.
20180822_160534

31. August 2018: Ich mache mich zusammen mit Lori und Enya auf den Weg in die Schweiz zu Niyol. Auf der eigentlich nur 390km langen Fahrt schüttet es ohne Unterlass, sodass die Autobahn teilweise überschwemmt ist. All der Regen, den wir in den vergangenen 5 Monaten vermisst haben, kommt wohl genau an diesem Wochenende herunter ;) Ich werte es positiv, ohne Wasser kein Leben. Die Baustellen und Unfälle tragen zur Verzögerung bei, nach über 8h (mit nur zwei ganz kurzen Pausen) kommen wir in St. Gallen an. Die Hunde nehmen das gelassen, sie fahren gerne Auto und Enya freut sich wie verrückt, wieder mal dort zu sein. Nach einer Pause lassen wir Niyol und Lori am Abend für ein kurzes Kennenlernen zusammen herumtollen. Die beiden verstehen sich sehr gut, aber der 12. Tag ist erwartungsgemäß noch etwas früh zum Decken. Wir trennen sie wieder und verbringen einen langen Abend bei Isabel.

01. September 2018: Da Isabel zum Plauschrennen des WWCS nach Rifferswil muss, verbringen wir den verregneten Vormittag entspannt in ihrer luxuriösen Maisonette mit Udo Gansloßers “Ein guter Start ins Hundeleben: Der verhaltensbiologische Ratgeber für Züchter und Welpenbesitzer”.
Gegen Mittag geht es in Richtung Rifferswil, nicht ohne etwas unfreiwilliges Sightseeing in Zürich (Autobahn Dank “Anlass” gesperrt) und als der Parcours für die Zuchtzulassung am nächsten Tag aufgebaut ist und der Regen nachlässt, lassen wir Niyol und Lori auf dem nun fast menschenleeren Rennbahngelände flitzen. Das nutzen sie so richtig aus und über eine Stunde lang denken wir: Jöh, wie härzig, das muss jetzt doch echt klappen! Aber nein, irgendwie fehlt immer ein Zentimeter “zum Ziel” ;) Dafür wissen wir, dass es nur mehr eine Frage der Übung ist und vereinbaren ein Treffen für den Folgetag.
Da unsere Rüden bei der Abreise noch nicht die hochfruchtbare Phase der Läufigkeit angezeigt haben und Lori erst relativ spät für sie sehr interessant war, habe ich keine Sorge, dass wir zu spät sein könnten und es nicht klappt. Im Gegenteil. Und da Spermien beim Hund 7 bis 12 Tage befruchtungsfähig bleiben und die Eizellen nach dem Eisprung ohnehin einen Reifungsprozess durchlaufen, besteht kein Grund zur Eile. Der Zeitraum, in dem sich ein Wurf erfolgreich auf den Weg bringen lässt, ist meist ziemlich groß. Leerbleiben hat oft andere Gründe als den falschen Deckzeitpunkt. Ein freier Deckakt ist dafür aber das A und O, denn nur so können die Hunde entscheiden, ob der angedachte Partner tatsächlich auch ein passender Partner ist. Durch das Spiel testen sie aus, wie fit das Gegenüber ist und ob sie gut harmonieren – auch, was die “inneren Werte”, also das Immunsystem und die Genetik angeht. Außerdem spielen nur sozial kompetente Hunde und Rüden, die viel spielen, neigen weniger zu Infantizid (Tötung von Welpen).
Trotzdem ist diese Zeit für die Hunde oft nicht da, oft muss es aus beruflichen/organisatorischen Gründen punktgenau klappen, ganz egal, was die Hündin dazu meint.
Definitiv nicht meine Art.

02. September 2018: Neuer Tag, neues Glück – und der 10. Geburtstag meiner Whippetzwillinge Enya und Buddy! Zwei meiner schweizer Welpenfamilien kommen uns besuchen und wir machen einen Spaziergang durch den nahen Wald. Gegen 17 Uhr kommt Isabel von der Zuchtzulassung, die sie in ihrer Funktion als Richterin abgenommen hat, und wir beobachten gespannt, was passiert. Wieder das selbe Spiel wie bei den vorangegangen Treffen. Ich erinnere mich, dass auch Enya und Nash ziemlich lange für die passende Position gebraucht haben (hier haben wir sie einfach einige Tage frei probieren lassen) und damals zufällig eine Treppe Hilfestellung leistete. Also die Hunde Richtung Terassentür gelockt und dann ging’s schnell, erster Deckakt um 18.08 Uhr. Nach exakt 20 Minuten Hängen lösen sich die beiden wieder und spielen noch ein wenig im Garten. Puh, Erleichterung, schließlich warten wir auf diesen Moment schon Jahre und mit uns viele Familien… Der Lerneffekt war gut, in der Wohnung versuchen sie es gleich am Trampolin, aber wir bringen mit einem Knabberli Ruhe in die Sache und genießen unsere Hochzeitstorte, eine Büdner Nusstorte. Lieben Dank dafür an Erminia und Simone!

20180903_202208

03. September 2018: Nach einem weiteren Entspannungstag für mich und ausgiebigen Spaziergängen für die Hunde, gibt es abends wieder ein Treffen. Diesmal sind viele Spaziergänger unterwegs und auch Kinder laufen am Zaun vorbei, nach einigen Minuten Hochzeitstanz überlegen wir deshalb, einfach gleich in die Wohnung hoch zu gehen. Die Hunde sind gerade angeleint, wir stehen kurz auf der Terrasse und beobachten die Spaziergänger, sagen noch: “Wartet, oben geht’s weiter” – da ist der zweite Deckakt schon passiert. Diesmal ruck, zuck ohne Treppchen und fast ein bisschen “Hoppala!” ;) Wieder hängen sie 20 Minuten. So viel Energie steckt bei den Hunden und den planenden Menschen in einem Deckakt und dann läuft es doch immer wieder recht unspektakulär ab.
Am nächsten Tag der Abschied, ein wenig emotional und surreal, weil wie erwähnt: Es steckt einfach viel Herzblut in diesem seit Jahren geplanten Wurf… Isabel, die seit unserem Kennenlernen immer auch abseits des C-Wurfs für mich da war und ist, überreicht mir ihr Hochzeitspräsent, ein wunderschönes Halsband aus weißem Leder mit Goldborte und einen “Glücksteller” mit schweizer Schokomarienkäfern, zwei Eltern und Kindern <3 Menschen wie Isabel und ihre Familie trifft man nur selten im Leben, umso glücklicher bin ich, dass ich das erleben darf. Danke für alles!
Den Heimweg bringe ich dann nonstop in etwas über 4h hinter mich und als es in München wieder so richtig schüttet, werde ich fast euphorisch. Egal ob Schlafdefizit oder Koffeinüberdosis: Es ist Tatsache, jetzt wird der C-Wurf endlich real! Für Lori wahrscheinlich noch nicht, die freut sich Zuhause besonders über den (kastrierten) Buddy, mit dem sie bis zum Ende der Läufigkeit noch endlos Tänzchen aufführt ;)

16. September 2018: In den ersten beiden Wochen nach dem Deckakt passiert von außen betrachtet nicht viel, aber in der Hündin tut sich jede Menge. Wir starten heute in die dritte Trächtigkeitswoche, eine der wichtigsten Phasen während der gesamten Trächtigkeit. Die Einnistung findet in den kommenden Tagen statt, ein komplexer Vorgang, der für die Entwicklung der Trächtigkeit bzw. der Welpen entscheidend ist. Erstmals treten die baldigen Embryonen in Dialog mit dem mütterlichen Körper und dieser “entscheidet”, ob sich eben eine Einnistung in die Gebärmutter und die Weiterentwicklung “lohnt”. Hunde geben mehr Eizellen ab, als sich tatsächlich zu Welpen entwickeln können, einige Embryonen sterben deshalb natürlicherweise ab oder werden vom Körper noch nach der Einnistung resorbiert. Hier spielt, neben verschiedenen Hormonen und anderen Botenstoffen, ebenfalls das Immunsystem eine wichtige Rolle. Ist etwas mit dem Embryo nicht in Ordnung oder sind die Hündinnen gestresst, nicht gut mit Nährstoffen versorgt oder sprechen andere Gründe gegen einen großen Wurf, tragen sie nicht so viele Welpen aus. Umgekehrt gibt es Hündinnen, bei denen dieser Mechanismus versagt und die so große Würfe austragen, dass sie sie nicht selbst versorgen könnten. Hunde sind, anders als Menschen, übrigens auch noch spät in der Trächtigkeit dazu in der Lage, nicht regelgerecht entwickelte Früchte zu resorbieren und damit Ressourcen für sich selbst oder fittere Welpen zu sparen. Erst wenn die Knochen Mineralstoffe einlagern und hart werden, ist eine Resorption nicht mehr möglich. Das macht die Trächtigkeitsdiagnose bzw. eine Vorhersage über die Welpenanzahl zusätzlich schwierig. Mehr dazu hier.
Aufgrund der Vorgänge rund um die Einnistung ist manchen Hündinnen zu dieser Zeit unwohl und sie fressen vielleicht nicht gut. Mal sehen, ob das eintritt.

28. September 2018: Es ist der 26./27. Tag nach dem Decken und seit einigen Tagen zeigt Lori sämtliche Anzeichen einer Trächtigkeit: Sie frisst morgens nicht mehr ganz so gut und hätte am liebsten nur tierische Nahrungsmittel (etwas, das ich auch von Enya und Bluni kenne, der Bedarf an hochwertigen Proteinen erhöht sich nämlich während der Trächtigkeit stark), hat klebrigen Ausfluss, die Milchleisten und Zitzen verändern sich. Und sie ist ruhebedürftiger als üblich.

20180928_093157

02. Oktober 2018: 30./31. Trächtigkeitstag, fast Halbzeit. Wir warten gespannt auf das Bäuchlein, erfahrungsgemäß tut sich ab nun jeden Tag etwas. Von oben betrachtet wirkt der Rücken breiter und vielleicht bilde ich es mir nicht nur ein, und man sieht tatsächlich auch an der Unterlinie schon Veränderungen. Aber noch immer heißt es, Geduld zu haben… Ich denke eigentlich nicht, dass Lori einen so großen Wurf wie Enya haben wird, aber das dachten wir auch bei Bluni – und beide Male waren es trotzdem acht Welpen ;)
Lori steht am Beginn der 5. Trächtigkeitswoche und wer gerne sehen möchte, wie sich Welpen im Mutterleib entwickeln, dem empfehle ich diese Dokumentation von National Geographic. Sie zeigt so schön all die Besonderheiten der hundlichen Fortpflanzung, angefangen von der Verpaarung mit dem charakteristischen und in der Tierwelt ansonsten nicht vorkommenden “Hängen”, über die Eigenheiten bei der Befruchtung, die beschriebene Möglichkeit der Resorption von Embryonen etc.
Sie heißt “Das Wunder des Lebens – Säugetiere”:
https://www.youtube.com/watch?time_continue=711&v=cyxuWgw48fc