Züchterwahl

Augen auf! Gedanken zur Züchterwahl

Ich habe auf dem Blog im November 2012 folgenden Artikel veröffentlicht – Gedanken zur Züchterwahl – den ich hier in etwas gekürzter Form wiedergeben möchte.
Diese Gedanken zur Züchterwahl sind meine persönlichen Überlegungen, die aus dem ehrlichen Bestreben heraus entstanden sind, Menschen bei der Suche nach einem verantwortungsvollen Züchter zu helfen, der seinen Zuchthunden und den Welpen optimale Bedingungen für ein möglichst langes, gesundes und glückliches Leben bietet.
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Leider findet seit einigen Jahren eine Entwicklung statt, die vielen Liebhabern der Rasse Whippet Kopfzerbrechen bereitet.
Namentlich sind das die drastisch gestiegenen Wurfzahlen, die mittlerweile regelmäßig anzutreffenden Kleinanzeigen mit “günstigen” Welpen ohne Papiere (aus sog. Schwarzzuchten) oder mit Papieren von Nicht-FCI-Vereinen (ehem. als Dissidenz bezeichnet), die vielen Whippets in Notvermittlungen und immer wieder die entlaufenen und, teilweise aus Unkenntnis über rassetypisches Verhalten, verunfallten Whippets.
Auch die Gesundheit der Rasse steht auf dem Spiel, längst ist nicht mehr alles so rosig wie gerne dargestellt.
Die Verantwortung für das Wohl einer Rasse sehe ich daher zu einem großen Teil auch beim Käufer, er muss dort kaufen, wo Qualität vor Quantität geht, so eigenartig sich das leider anhört, wenn man von Lebewesen spricht.
Der günstigere Preis, die Verfügbarkeit oder die ausgefallene Farbe dürfen bei der Wahl eines Hundes keine große Rolle spielen – viel zu oft fällt das negativ auf den Käufer und vor allem auf die Hunde zurück!

Denn nur eine gesunde, vorzüglich ernährte, ausgewachsene und wesensfeste Hündin mit vollem Familienanschluss, die bei einem Züchter lebt, der so wenige Hündinnen und so wenige Würfe hat, dass er sich voll und ganz auf den einen Wurf und die Mutter konzentrieren kann, wird Welpen hervorbringen können, die ebenfalls gesund, wesensfest und menschenbezogen sind und sich gut entwickeln.
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Wer einen Züchter sucht, sollte sich also genau informieren und hartnäckig hinterfragen. Denn der Ansatz, einen Welpen von einem Züchter zu kaufen, der sich einem Zucht- und Rassestandard unterwirft, ist zwar ausgesprochen lobenswert, jedoch nur die halbe Miete.
Die jeweilige Zuchtordnung der Vereine innerhalb der FCI gibt einen Rahmen vor, der allerdings sehr weit gesteckt ist und Mindestanforderungen bzw. höchstzulässige Wurfzahlen, Höchstalter der Hündin usw. sind oft als genau das zu verstehen – Minimum und Maximum, aber nicht das Ideal.
Hinzu kommt, dass auch die FCI und ihre angeschlossenen Landesverbände mit den einzelnen Rasseclubs nur Vereine sind, in denen es quasi naturgegeben ganz schön menschelt und (siehe bspw. “Pedigree Dogs Exposed”) nicht immer das Wohl der Hunde an erster Stelle steht.

Als Orientierung kann man sich (und dem Züchter) folgende Fragen stellen:

  • Wie viele Würfe fallen pro Jahr in der Zuchtstätte?
    Ein Wurf bedeutet mindestens 3-4 Monate 24h/7d Betreuung und viel, viel Nachsorge! Einige Zuchtverbände (z.B. Eurasier) beschränken daher auf 1-2 Würfe pro Jahr/Zuchstätte, um eine optimale Betreuung zu sichern.
  • Wie viele Hunde leben im Haushalt und wo?
    Haus, Garten, Zwinger, aber auch Zimmerkennel, Hunderaum etc.
  • Ist Familienanschluss möglich und gegeben, auch für die Welpen, um eine optimale Sozialisierung zu gewährleisten? Geht der Züchter regelmäßig spazieren und lastet die Hunde rassegerecht aus, macht er vielleicht Sport, besucht er Ausstellungen, haben die Hunde Prüfungen abgelegt oder gar Arbeitstitel (Stichwort “Multi Purpose Whippet” z.B. im WCD) erlangt? Whippets sind Jagdgebrauchshunde und werden zum Teil noch so geführt (England, Irland, Australien, USA, …), es sind keine anspruchslosen Sofahunde, auch nicht die “Showlinien”! Siehe Sportbereich auf dieser Seite.
    Wir persönlich bevorzugen die sogenannte Zucht auf “Schönheit & Leistung” mit dem Schwerpunkt “sportlicher, wesensfester Begleithund”.

  • Welche Gesundheitsuntersuchungen wurden gemacht und warum? Noch ist der Whippet eine relativ gesunde Rasse, aber das soll ja auch so bleiben. Eine gründliche Herzuntersuchung mittels Ultraschall und eine Augenuntersuchung sehen wir als Pflicht für jeden Sport- und Zuchthund an. Die Ergebnisse unserer Hunde und der Nachkommen finden sich unter der Rubrik Erfolge. Weiters: Welche Krankheiten hatten die Mutter, der Vater, die Großeltern, die sonstigen Verwandten? Wie sieht es bei diesen mit Titeln, Prüfungen, sportlichem Einsatz, Untersuchungen aus? Sind von ihnen einige vielleicht früh gestorben und warum? Hierzu gehört auch:
      • Klärt der Züchter über rassespezifische Erkrankungen, Verhaltensweisen und Besonderheiten auf? Darauf einzugehen würde hier den Rahmen sprengen, was aber auch zeigt: Mit einem kurzen Gespräch ist es hier nicht getan!
      • Wie viele Würfe trägt eine Hündin aus und welcher Abstand liegt zwischen den Würfen?
        Laut Zuchtordnung der einzelnen Vereine dürfen es bis zu 4-5 Würfe pro Hündin sein und je nach Wurfstärke müssen 12 bis 18 Monate zwischen zwei Würfen liegen. In meinen Augen und nach meiner Erfahrung sollten einer Hündin in jedem Fall zumindest diese 18 Monate zugestanden werden, das sind ca. 2 Läufigkeiten ohne Bedeckung, da Whippets zu längeren Zyklen neigen (unsere Hündinnen liegen zwischen 8 und 11 Monaten). Jährlich die selbe Hündin zu decken, bis sie mit spätestens 8 Jahren aus der Zucht ausscheidet, ist definitiv nicht seriös. Für mich persönlich liegt das Limit bei 2-3 komplikationslosen Würfen.
      • Wie alt war die Hündin beim 1. Wurf?
        Laut Zuchtordnung (ÖKWZR und WCD, DWZRV) müssen Whippets und Italienische Windspiele als kleinere Windhundrassen mindestens 18 Monate bei ihrem ersten Zuchteinsatz sein. Für alle anderen Rassen liegt das Mindestalter bei 24 Monaten. Bedenkt man, dass der Whippet ein Spätentwickler ist und viele Hündinnen erst mit 15-20 Monaten geschlechtsreif werden (sprich die 1. Läufigkeit erleben) und weitere 2-3 Läufigkeiten benötigen, um körperlich und geistig auszureifen, so sollte auch jedem Laien klar sein, dass eine zu frühe Belegung einen Nachteil für die noch nicht fertig entwickelte Hündin und deren Welpen darstellt.
        Allerdings darf die Mutterhündin auch nicht zu alt werden, hatte sie bis zum 6. Lebensjahr keinen Wurf, darf sie danach aus gesundheitlichen Gründen (z.B. mögliche Komplikationen bei der Geburt) nur mehr in Ausnahmefällen gedeckt werden.
        Ein weiteres wichtiges Argument für eine spätere Erstbelegung ist auch, dass die Hündin sich erst als “zuchtwürdig” erweisen sollte. Gesundheit, Wesen, Leistungsfähigkeit, das mit Blick auf Geschwister, Halbgeschwister, Eltern – ein zu früher Zuchteinsatz lässt das alles oft zwangsweise unberücksichtigt. Für Rüden gilt dieser letzte Punkt ebenfalls.

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      • Welchen Deckrüden wählt der Züchter und warum? Wie oft wird dieser eingesetzt und in welchen Zuchstätten?
        Stichwort “Popular Sire-Effekt” – um eine Rasse gesund zu erhalten, ist eine hohe genetische Varianz und ein niedriges Inzuchtniveau unabdingbar. Werden einzelne Hunde und deren Nachkommen zu häufig in der Zucht eingesetzt, hat dies in den kleinen Populationen immer negative Konsequenzen. Bei eingen Rassen gibt es bereits ein entsprechendes vereinsinternes Management, oft gekoppelt mit einer Zuchtwertschätzung, beim Whippet derzeit nicht. Gesundheit, Funktionalität und Wesen sollten für einen Züchter die mit Abstand wichtigsten Kriterien bei der Wurfplanung sein, erst danach kommt die Optik. Daher:
      • Wie hoch ist der COI und AVK?
        Beim Whippet kann man den Inzuchtkoeffizienten (COI) und den Ahnenverlust (AVK) leicht in “The Whippet Archives” (TWA) kontrollieren, bzw. sollte ein Züchter diese Angaben gleich bei der Planung veröffentlichen. COI und AVK sollten möglichst niedrig liegen, der COI idealerweise unter 6,25% auf 10 Generationen (bei Interesse empfehlenswert: div. Publikationen von Prof. Dr. Hellmuth Wachtel und Prof. Dr. med. vet. Irene Sommerfeld-Stur, Tierzucht und Genetik, Uni Wien).
        Auch für die allgemeine Recherche eignet sich das Projekt TWA perfekt, z.B. finden sich dort sehr viele (hier exemplarisch alle unsere) Hunde mit vielen wichtigen Angaben wie Geburtsdatum, Sterbedatum, Titeln, Lizenzen, Größe, Gewicht, Nachkommen, … Einfach über “Persons” oder “Dogs” den gewünschten Zwinger oder Hund suchen.
      • Wie ernährt der Züchter die Hunde und Welpen?
        Wenn Züchter bspw. Discounterfutter verteidigen, weil es ja so gut bei Stiftung Warentest abgeschnitten hat, dann haben sie offenkundig keine Ahnung von Hundeernährung und das billigste Futter ist ihnen gerade gut genug. Wir persönlich ziehen aus Erfahrung Rohfutter vor, aber da sollte sich jeder seine eigene Meinung bilden!
      • Wie impft und entwurmt der Züchter die Welpen und warum macht er das so wie er es eben macht? Jeder Züchter hat seine eigene Vorstellung von Gesundheitsvorsorge, zu der u.a. auch Impfungen gehören, auch hier darf hinterfragt werden, was für einen selbst am besten passt.
      • Zu guter Letzt, wie ist der Umgang mit den Hunden? Vorne hui, hinten pfui? Man sieht und lernt of die erstaunlichsten Dinge, wenn man nur mit offenen Augen durch die Welt geht… Auf Hörensagen sollte man allerdings weniger geben, lieber sich selbst ein Bild machen und handfeste Fakten überprüfen.

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Die Überlegung, was für einen selbst gute Hundehaltung ausmacht und welche Kriterien ein Züchter persönlich erfüllen sollte, ist dabei also sehr wichtig!
Es dauert so vielleicht länger, bis man seinen Züchter gefunden hat, aber es lohnt sich wirklich. Schließlich gehört der Hund dann hoffentlich viele Jahre zur Familie und als Käufer hat man es in der Hand, wie mit den Zuchthunden umgegangen wird.

Aber Vorsicht beim Kennenlernen, wenn in der Zuchtstätte gerade Welpen herumkullern, wird es schwer fallen abzulehnen, selbst wenn die Voraussetzungen nicht wirklich den eigenen Vorstellungen entsprechen. Idealerweise lernt man daher die Mutter (Eltern, Großeltern und andere Verwandte) und das Umfeld vor dem Wurf kennen.