Rohfütterung

Da ich meine Hunde mit frischen Futtermitteln und überwiegend roh füttere, möchte ich dieses Thema kurz anreißen und erzählen, was mir daran gefällt.

Mir war schon bei der Auswahl meiner Welpen wichtig, dass sie Rohfütterung kennenlernen oder sogar mit Rohfutter aufgezogen werden. Rohfutter bietet in meinen Augen zahlreiche Vorteile.

Der augenscheinlichste Grund: Es ist gesünder als Fertigfutter.
Vollkommen gleich, wie gut das Futter zusammengesetzt ist, es kann nie so frisch, hochwertig und verträglich wie rohes Futter sein. Ganz zu schweigen von der Akzeptanz, die bei vielen Trockenfuttersorten zu wünschen übrig lässt. Gerade Whippets neigen zur Mäkelei, was allerdings hauptsächlich an ihren Menschen liegt.
Nebenbei, welcher Mensch würde sich von Fertigprodukten und Fastfood ernähren? Na gut, da mag es gar nicht so wenige geben, aber die Folgen bekommen sie rasch zu spüren. “Zivilisationskrankheiten” wie Diabetes, Übergewicht und Krebs treffen in immer größerem Ausmaß auch unsere Heimtiere! Die derzeitige Entwicklung sollte uns schon zu denken geben.

Frischfutterzubereitung ist nicht neu oder ein eigenartiger Trend, sondern die natürlichste Art der Ernährung.
Der Haushund ist durch seine Abstammung und die Jahrtausende in Koexistenz mit uns Menschen per se ein Mittelding zwischen Carnivor (Fleischfresser) und Omnivor (Mischkostfresser). Das heißt, der überwiegende Anteil seiner Nahrung sollte aus Fleisch, Knochen und Innereien bestehen, danach kommen Gemüse und Obst, Fisch, Milchprodukte, Eier. Gemüse und Obst kann von ihm nur püriert oder gedünstet verdaut werden, da dem Verdauungstrakt des Hundes die nötigen Enzyme fehlen, um die Zellwand der Pflanzenzellen aufzubrechen. Getreide, besonders Hafer und Weizen, kann von einigen Hunden nicht verwertet werden und führt auch oft zu Allergien. Ebenso reagieren manche Hunde auf Milchprodukte empfindlich. Die Unverträglichkeiten sind zum Teil genetisch bedingt und in der Herkunft der jeweiligen Rassen begründet, so vertragen Nordische sehr oft keine Milchprodukte, da es diese schlichtweg nicht gab.

Fazit: Der Haushund zählt wohl doch eher zu den Carnivoren und sollte dementsprechend mit einem hohen Anteil an tierischen Eiweißen ernährt werden, was leider bei sehr vielen Fertigfuttersorten nicht der Fall ist.

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Woran erkenne ich eigentlich, ob der Hund sein Futter gut verwertet? Richtig, am Output.
Ein großer Vorteil, besonders für Mehrhundhalter, denn irgendwo muss der unverdauliche “Rest” ja wieder hin – die Häufchen reduzieren sich bei Rohfütterung enorm in Umfang und Häufigkeit. Im direkten Vergleich behaupte ich, es sind 2/3 zu einem sogenannten Premium-Trockenfutter.
Dies spricht dafür, dass der gesunde Darm nach einer erfolgten Umstellung und Entgiftung Frischfutter wesentlich besser verdauen und die enthaltenen Nährstoffe optimal aufnehmen kann.

Der Darm kann durch die besser zu verwertende Kost auch seine anderen, wichtigen Aufgaben ausführen.
Der intelligente Darm ist nämlich wesentlich beteiligt an einem guten Immunsystem, ein gesunder Darm ist auch resistenter gegenüber Parasiten und Krankheitserregern. Durch falsche Ernährung (hier vor allem zu viel Getreide) wird das empfindliche Gleichgewicht zwischen “nützlichen” und “schädlichen” Mikroorganismen gestört, es kommt zu Blähungen, Durchfall, Bauchgrummen, Bauchschmerzen und oft in Folge einer Unverträglichkeit oder Allergie zu vielfältigen Symptomen, von Analdrüsenentzündung über Polyarthritis bis zu Ekzemen. Viele Hundehalter können davon ein Lied singen, eigenartigerweise denkt man aber oft nicht über eine Futterumstellung nach.
Im Darm sitzt bis zu 3/4 unseres Immunsystems in Form von körpereigenen Abwehrzellen und der Darmflora, außerdem ist er von etwa 100 Millionen Nervenzellen umhüllt, die wie ein Gehirn (Bauch- oder Darmhirn) organisiert sind. Bei Unverträglichkeiten oder Giftstoffen im aufgenommenen Futter schlägt es rasch Großalarm.

Wie wichtig also eine gesunde und artgerechte Ernährung für das allgemeine Wohlbefinden des Hundes ist, dürfte damit jedem klar sein.

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Und noch ein Stichwort fällt hier, denn es ist ein großes Problem für viele Hunde, insbesondere Windhunde und brachycephale Hunderassen: Zahnstein.
Durch mangelnden Abrieb und die matschige bzw. klebrige Konsistenz (schon mal angespeicheltes Trockenfutter in der Hand gehabt? ;) ) bilden sich schnell Zahnbeläge, die sich bereits nach relativ kurzer Zeit zu Zahnstein umwandeln. Sicherlich spielt der Stoffwechsel und die Veranlagung bei der Zusammsetzung des Speichels eine Rolle oder ein unglücklich gewachsenes Gebiss/Kiefer, doch gilt in aller Regel, dass Rohfütterung auch Zahnstein und in Folge Zahnfleischentzündungen vorbeugt. Kein Narkoserisiko und keine teure Zahnsteinentfernung.
Ein weiterer Pluspunkt in diesem Bereich: Unangenehmer Maulgeruch ade, da zusätzlich der Magen nicht mit unverträglichen Futterbestandteilen belastet wird.

Vorurteile haben besonders Welpenbesitzer, aus der Angst heraus, der Hund könnte Mangelerscheinungen und Wachstumsstörungen bekommen, füttern sie lieber Fertignahrung. Diese Angst ist jedoch absolut unbegründet, Rohfütterung ist keine Hexerei und wo in der Natur (oder wenn man Hunde als Kulturfolger sehen will, im Abfall) finden sich “welpengerechte” Beutetiere/Essensreste? Je nach Rasse gibt es einige Grundregeln, an die man sich halten kann. Nachzulesen in vielen guten Broschüren, Ratgebern oder Foren (siehe Links).
Was mir bei der Aufzucht meiner Hunde und der meiner Pflegehunde aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass Welpen und Junghunde mit Trockenfutter in extremen Schüben wachsen. Überspitzt ausgedrückt: Morgens passt auf einmal das Geschirr nicht mehr, das man am Vorabend bei der letzten Runde noch angelegt hat.
Das ist nicht gesund, besonders nicht für große Rassen. Es ist auch nicht sinnvoll, solche Hunde “großzuhungern”. Rohfütterung bietet da eine sehr gute Alternative. Außerdem fällt es dem Welpen und seinem neuen Halter leichter, Stubenreinheit zu erlernen und auch einzuhalten. Dadurch, dass der kleine Hund nicht mehr so viel Wasser aufnimmt um das Trockenfutter in seinem Magen aufzuweichen und zu verdauen und sich in Folge die Kotmenge verringert, muss er einfach nicht mehr so oft.

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Ein weiteres Vorurteil: Das ist doch wahnsinnig teuer! Nein, ist es nicht. Wenn man den richtigen Lieferanten gefunden hat (und davon gibt es vor allem in Deutschland mehr als genug), ist Frischfleischfütterung wesentlich günstiger als jedes hochwertige Trockenfutter oder gar Dosenfutter. Bei Kilopreisen von um die €10 für ein hochwertiges Dosenfutter, kann man sich alternativ schon hochwertiges Fleisch in BIO-Qualität leisten. Nicht zu vergessen sind die womöglich eingesparten Tierarztkosten.

Und noch eines: Das kostet zu viel Zeit! Naja, etwas Zeit muss man schon investieren. Aber mit Küchenmaschine und einem ordentlichen Fleischerbeil zaubert man ruckzuck ein herrliches Festmahl, zumindest aus Hundesicht.
Obwohl offenbar auch schon Leberkekse und diverse “Eintöpfe” sowie “Geburtstagstorten” von ahnungslosen und gierigen Mitmenschen verspeist wurden ;)

Unhygienisch ist die Rohfütterung ebenfalls nicht, es sei denn, man lässt seine Hunde fleischige Knochen über den Teppich ziehen. Dazu bietet sich ein Garten oder notfalls ein Zimmerkennel an.
Alle anderen Utensilien lassen sich wie jedes andere Küchengerät zuerst unter kaltem Wasser und dann gründlich reinigen. So wie man Fleisch zum menschlichen Verzehr auch behandelt, denn das Fleisch für die Hunde stammt normalerweise aus einer kontrollierten Schlachtung mit Beschau und Qualitätskontrollen.
Um die Übertragung von potentiellen Krankheitserregern oder Parasiten zu vermeiden, kann man das Fleisch gut durchfrieren lassen. Doch ist der Magen eines gesunden Hundes darauf ausgelegt, schädliche Keime sofort zu eliminieren oder deren Vermehrung im Darm gar nicht erst aufkommen zu lassen. Der Magensaft von Hunden ist deutlich aggressiver als der des Menschen und tötet viele Bakterien und Salmonellen sofort ab, der Darm ist um die Hälfte kürzer als der eines Herbivor vergleichbarer Größe.

Und dann passt bitte auf, dass euer Hund nicht an fremden Häufchen schnuppert oder sie gar aufnimmt, andere Hunde nicht beleckt, keine Feldmäuse erbeutet, nicht aus Pfützen trinkt und so weiter und so weiter…
Die Welt da draußen ist viel gefährlicher als ein rohes Stück Fleisch.

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