Wie jede Rasse hat auch der Whippet Schwachstellen in seiner Genetik oder ist aufgrund seiner Anatomie für bestimmte Erkrankungen/Verletzungen anfälliger. Ich möchte hier einen ganz kurzen Überblick über erblich bedingte Erkrankungen und häufig vorkommende gesundheitliche Beeinträchtigungen geben, da es besonders für Whippetinteressenten und Halter wichtig ist, umfassend informiert zu sein. Aber auch Züchtern, die sich für diese Themen interessieren, möchte ich gerne eine kleine Anregung zum weiteren Studium geben.
Myostatin-Mutation
Beim Myostatin-Defekt handelt es sich um eine Mutation im Myostatin kodierenden Gen. Myostatin wird im tierischen und menschlichen Körper gebildet und ist ein Eiweiß, das für die Hemmung des Muskelwachstums zuständig ist und damit unkontrolliertes Muskelwachstum verhindert. Durch einen Defekt in diesem Gen kommt es zu einer übermäßig ausgeprägten Bemuskelung, die die Lebensqualität der betroffenen Hunde massiv beeinträchtigt.
Der Gentest auf die Myostatin-Mutation ist die einzige in Deutschland verpflichtend für alle Zuchthunde vorgeschriebene Untersuchung beim Whippet. Nur mit freien, gesunden Hunden darf gezüchtet werden. Sie tragen den Genotyp N/N. In Österreich liegt derzeit keine Verpflichtung (mehr) vor, unsere Zuchttiere sind dennoch getestet und frei.
Für mehr Infos zum Thema Myostatin-Mutation, Myostatin-Defekt, Bully Whippet-Syndrom, Myostatin-bedingte Muskelhypertrophie beim Whippet verweise ich auf den Artikel “Myostatin-Mutation beim Whippet” auf meinem Blog.
Mitralklappeninsuffizienz und andere Herzerkrankungen
Bei Windhunden kann es zu einem gehäuften Auftreten von angeborenen, erworbenen oder genetisch bedingten Herzerkrankungen kommen, der Whippet ist besonders von Mitralklappeninsuffizienzen betroffen.
Die Mitralklappe ist eine Herzklappe und verhindert während der Auswurfphase des Herzens den Rückfluss von Blut aus der linken Herzkammer (Ventrikel) in den linken Vorhof.
Die Folge ist eine übermäßige Belastung des linken Ventrikels, im weiteren Verlauf kommt es zur Erweiterung des linken Ventrikels und des linken Vorhofes. Der Blutdruck in den Pulmonalvenen steigt, das ganze Herz wird überbelastet, der Körper versucht die Minderversorgung mit Blut zu kompensieren, die Herzfrequenz steigt, das Herz vergrößert sich. Wird nicht behandelt, kommt es zur Herzinsuffizienz mit tödlicher Folge.
Eine MI kann, wie erwähnt, angeboren oder erworben sein, bspw. durch Infekte, die die Herzklappe angreifen und zu einer verringerten Dichtigkeit führen.
Das gehäufte Auftreten von MI beim Whippet wurde früher damit begründet, dass Sporthunde eben anfälliger seien oder es eine Art Verschleißerscheinung sei. Dies ist so nicht richtig und Studien zeigen eindeutig eine genetische Disposition, sodass eine Herzuntersuchung bei einem Spezialisten unbedingt vor einem Zucht- oder Sporteinsatz vorgenommen werden sollte.
Ein mildes Herzgeräusch ist jedoch noch kein Hinweis auf eine tatsächliche Erkrankung, sondern kann physiologisch bedingt sein. Oft kommt es bei Windhunden zu Fehldiagnosen und Fehlbehandlungen, weshalb man immer eine Zweitmeinung einholen sollte.
Mehr zur Mitralklappeninsuffizienz und zum Windhundherzen findet sich auf dem Blog: Die Ergebnisse der Herzstudie bei Whippets und Salukis – Echokardiographische Referenzintervalle und mehr
Kryptorchismus
Rassehunde leiden bekanntermaßen mehr oder weniger unter den Folgen von Inzucht, da alle Tiere miteinander verwandt sind und sich nur untereinander paaren dürfen. Kryptorchismus (Hodenhochstand) ist daher bei vielen Hunderassen ein nicht zu unterschätzendes Problem, leider auch beim Whippet. Durchschnittlich sind laut Whippet Health Survey aus dem Jahr 2000 19% der Rüden betroffen. Je nach Linie kann sich der Anteil an betroffenen Rüden deutlich erhöhen, in anderen findet man dagegen kaum Rüden mit Hodenfehlern. Die Ausprägung kann sehr unterschiedlich sein und daher unterschiedliche gesundheitliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Da Kryptorchismus zwar hauptsächlich genetische, aber auch umweltbedingte Gründe haben kann und darüber hinaus selten spontan, ganz ohne eine erbliche Komponente auftritt, ist es wichtig, mit diesem Thema offen umzugehen. Ein Gentest auf Kryptorchismus wird aufgrund der multifaktoriellen Genese vermutlich niemals möglich sein, daher ist die einzige vorbeugende Maßnahme, durch Wissen über aufgetretene Fälle Verpaarungen von Trägern einer erblichen Komponente zu vermeiden.
Umfassende Informationen und interessante Studien gibt es auf dem Blog, im Artikel “Kryptorchismus beim Whippet” und “Kryptorchismus als Selektionsvorteil?“.
Belastungsbedingte Rhabdomyolyse – “Greyhoundsperre”
Eine im weitesten Sinne rassespezifische Erkrankung ist die sog. “Greyhoundsperre”, eine potentiell lebensbedrohliche Stoffwechselsituation, die vorwiegend stark bemuskelte und sehr schnelle Windhundrassen (Greyhound, Whippet, Magyar Agar, zum Teil Galgo) betrifft.
Die belastungsbedingte Rhabdomyolyse tritt, wie der Name andeutet, nach einer starken Überlastung der Muskulatur auf, z.B. nach exzessivem Sprinten im Spiel mit Artgenossen oder angetrieben durch ein Spielzeug (Frisbeewerfen, Ballwerfen), oder selbstverständlich und sehr viel wahrscheinlicher, durch das Hetzen von Wild im Gelände oder nach (relativ) zu langen Coursings und zu exzessiv betriebenen Rennen auf der Bahn.
Grob umschrieben wird der Muskel durch Überlastung und dadurch bedingte Mangelversorgung geschädigt, Muskelzellen sterben ab und die Abbauprodukte gelangen in die Blutbahn, was in Folge zu irreversiblen Nierenschäden oder akutem, ev. tödlichem Nierenversagen führt.
Betroffen kann jeder Hund sein, unabhängig von seinem Trainingsstatus, wobei Hunde mit mangelhafter körperlicher Fitness häufiger von der sehr schweren perakuten Form betroffen sind.
Jeder Windhundhalter, dessen Hund Freilauf genießt oder sportlich akiv ist, sollte die Risikofaktoren und die Anzeichen kennen, damit im Ernstfall schnellstmöglich gehandelt werden kann, was oft lebensrettend ist!
Risikofaktoren, Anzeichen und (Notfall-)Behandlungsplan finden sich im Artikel auf dem Blog.
Krallenpflege und Zehenverletzungen
Die regelmäßige Krallenpflege ist beim Whippet von großer Bedeutung, wobei sich die Regelmäßigkeit nach dem individuellen Krallenwachstum, der Pfotenform und der Abnutzung richtet. Es kann durchaus nötig sein, alle 5 Tage die Krallen mittels Schleifgerät/Dremel oder Krallenzange zu kürzen, allerspätestens nach 14 Tagen wird eine Pediküre aber nötig. Werden die Krallen nämlich zu lang, kann es zu Verletzungen an den Zehen kommen, die dem Druck beim Sprinten nicht standhalten.
Kapselverletzungen, Bänder- und Sehnenverletzungen, Luxationen usw. sind beim Whippet leider vergleichsweise häufig und klassische Windhundverletzungen, die viele Tierärzte ansonsten nur selten zu sehen bekommen – und daher oft nicht adäquat zu behandeln wissen. Die Behandlung von Zehenverletzungen beim Whippet sind eine Kunst für sich. In Folge falscher Behandlung kann es sogar zu Amputationen kommen, was ja nun wirklich ein Anreiz sein sollte, sich um die Krallen seines Whippets zu kümmern.
Zur idealen Länge der Krallen sei diese Faustregel zitiert: Steht der Whippet auf ebenem Untergrund, dürfen die Krallen den Boden nicht berühren. Es sollte noch ein gut sichtbarer Abstand zwischen Kralle und Untergrund vorhanden sein.
Mehr dazu im Blog “Krallenpflege”.
Wird laufend ergänzt.