Impfungen

Zur Grundimmunisierung mit dem “Puppyimpfstoff” aber der 5. Woche, mit 8, 12 und 16 Wochen die volle Dosis SHPPiLT (Staupe/Hepatitis/Parvovirose/Parainfluenza/Leptospirose/Tollwut), anschließend jährliche Auffrischung, Impfung gegen Borreliose und den Coronavirus, Herpes für Zuchthündinnen und alle mit im Haushalt lebende Hunde usw.
Lange Zeit und auch heute oft noch gängige Praxis, doch völlig konträr zum Stand der Wissenschaft.

Mittlerweile (seit Juli 2007) sind auch in Österreich Tollwut- und SHP-Impfstoffe zugelassen, die 3 Jahre Impfschutz garantieren. Ausflüchte gelten nun nicht mehr, es gibt für Halter keinen einzigen Grund, jährlich zu impfen.
Seit Mai 2013 empfiehlt auch der Weltverband für Kleintierärzte, die WSAVA, ein gänzlich anderes Impfschema, siehe dazu den Artikel “Neue WSAVA-Richtlinie für Welpenimpfungen!” auf dem Blog.

Ich habe für mich folgendes Schema entwickelt:
1x Tollwut (nach dem Zahnwechsel!*) für 3 Jahre, da die Tollwutimpfung für die Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen, Sportveranstaltungen und bei Auslandsreisen vorgeschrieben ist.
SHP wird bei meinen eigenen Hunden grundimmunisiert frühestens nach der 12. Woche (empfohlen wäre 1x impfen, Titerbestimmung durch Laboklin, Vetmed Gießen u.a. oder Schnelltest und ggf. eine 2. Impfung). Danach wurde bisher ebenfalls alle 3 Jahre aus den selben Gründen wie oben geimpft, jedoch ergibt sich nun mit der günstigen Titerbestimmung mittels ELISA-Testsystemen die Möglichkeit, nur nach Bedarf zu impfen. Zu beachten ist bei Titerbestimmungen immer, dass es auch sog. Non-Responder gibt, die nach einer Impfung zwar keinen nachweisbaren Titer bilden, jedoch trotzdem geschützt sind.
Staupe, Hepatitis und Parvovirose sind hochansteckende, leider sehr oft tödlich verlaufende Erkrankungen, die durchaus eine große Gefahr für Hunde darstellen können. Daher ist ein Impfschutz wichtig und sinnvoll, eine unnötige Nachimpfung bei bestehender Immunität ist jedoch bestenfalls nur sinnlos, schlimmstenfalls auch mit Nebenwirkungen für den Hund verbunden.

Impfungen gegen Parainfluenza (Zwingerhusten) und Leptospirose sind sehr umstritten, da es sich um schlecht verträgliche Impfstoffe handelt, die noch dazu nicht die gewünschte Wirkung zeigen.
So ist die Schutzimpfung gegen Leptospirose laut Empfehlung des Herstellers alle 6 Monate aufzufrischen, geimpft wird gegen die zwei bis vier am häufigsten auftretenden Erreger, in unseren Breiten gibt es jedoch weit mehr!
Es ist also nicht gesagt, dass der Hund bei halbjährlicher Impfung nicht trotzdem an Leptospirose erkranken kann. Ganz nebenbei “vergessen” die meisten Tierärzte, auf diese kurze Wirksamkeit hinzuweisen und bestellen den Halter mit seinem Hund nur 1x jährlich zur Kombinationsimpfung mit Leptospirose.
Ebenso ist die Impfung gegen Zwingerhusten oft nicht wirksam, da sich auch der saisonal in Erscheinung tretende “Hundegrippenvirus” von Jahr zu Jahr ändert und verschiedene Erreger für die Erkrankung verantwortlich sind. Unter anderem Bordetella bronchiseptica (Bb) und das Canine Parainfluenzavirus (Pi), das canine Adenovirus-2 (CAV-2), canines Herpesvirus, canines Reovirus, humanes Influenzavirus vom Typ A2, Staupevirus und eventuell das canine respiratorische Coronavirus. Sekundärinfektionen kommen hinzu. Wie beim Menschen müsste man jedes Jahr vor dem Auftreten der ersten Erkrankungsfälle einen aktuellen Impfstoff verwenden.
Zudem ist die Erkrankung, vergleichbar mit der Virusgrippe beim Menschen, für normal gesunde Hunde keine Gefahr. Es kommt zu heftigem Husten mit Auswurf, Schnupfen, manchmal in Begleitung von Fieber, in der Regel ist alles nach spätestens 2 Wochen überstanden.
Ob man sich selbst und seine Hunde gegen Influenza impft, muss man im Einzelfall entscheiden.

Ähnlich ist es bei der Borrelioseimpfung. Menschen und Tiere sind überwiegend gegen Borreliose resistent und für den Fall einer Erkrankung ist die Antibiotika-Therapie in den meisten Fällen erfolgreich. Zusätzlich werden 80 bis 90% aller Infektionen in Europa beim Menschen durch Borrelia afzelii und Borrelia garinii verursacht, der häufig verwendete Hunde-Impfstoff ist aber gerade gegen die bei uns seltene Borrelia burgdorferi s.s. gerichtet und damit in diesen 80-90% nutzlos. Die neuen Impfstoffe enthalten Servovare, die häufiger vorkommen aber weniger oder sogar gar nicht für Erkrankungen verantwortlich sind, daher auch hier nutzlos.
Vor der Impfung muss nachgewiesen werden, dass der Hund nicht schon einen Antikörpertiter hat, sonst kann die Impfung die Erkrankung auslösen, die sonst nicht ausgebrochen wäre. Aber: Die meisten serologischen Tests auf Borreliose (Tests auf Antikörper im Blut) sind schlecht und bringen einen hohen Anteil sowohl falsch positiver wie auch falsch negativer Ergebnisse. Selbst die PCR bringt nicht immer richtige Ergebnisse. Zudem ist der Impfstoff, so wie bei Leptospirose und Zwingerhusten, sehr schlecht verträglich.
Vor diesem Hintergrund ist also dringend von dieser Impfung abzuraten!

Der tatsächliche Schutz durch eine Impfung mit viralen Lebendimpfstoffen (SHP und Pi) beträgt bis zu 15 Jahre bzw. liegt beim Hund oft ein lebenslanger Schutz vor, so wie auch bei Menschen! Niemand käme auf die Idee, Menschen jährlich nachzuimpfen und auch in der Humanmedizin ist man sich über das “Wann? Warum? Und mit welchem Erfolg?” von Boosterimpfungen nicht einig, siehe Infoblatt des Auswärtigen Amtes von H. Kollaritsch, Institut für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin an der Medizinuniversität Wien.
Auch die Hersteller der Impfstoffe geben eine weit längere Schutzdauer an, garantiert wird sie für bis zu 3 Jahre, wie z.B. bei Intervet zu lesen. Hier hat das Paul-Ehrlich-Institut eine Zusammenstellung über die Schutzdauer der Tollwut-Komponente in Impfstoffen verschiedener Firmen bereitgestellt: Übersicht über die Immunitätsdauer Tollwut
Ob eine Tollwutimpfung für einen Hund überhaupt notwendig ist, bleibt ebenfalls unter Tiermedizinern umstritten. Die StIKo Vet spricht sich in Deutschland dafür aus, nur mehr Hunde zu impfen, die die Tollwutimpfung für den Grenzübertritt benötigen und Tollwut ansonsten zur Non-Core-Komponente zu erklären.

In einer meiner Vorlesungen “Einführung in die Immunologie” wurde empfohlen, nicht vor dem 3. Lebensmonat (12. Woche) zu impfen, weder Mensch noch Hund, Katze oder anderes Säugetier. So lautet auch die Angabe des Virologischen Instituts der Vetmed Wien (Impfkomplikationen) und vieler anderer Experten.

Warum nach der 12. Woche?

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Weil maternale Antikörper, welche über Plazenta und Muttermilch in den Körper der Welpen gelangten, Impfstoffe neutralisieren, und zwar stärker die Lebendimpfstoffe (zur Erinnerung, SHP und Pi) als Totimpfstoffe (T und L). Logisch.
Bis dieser passive Immunschutz aufgehoben wird, dauert es 3 bis 4 Monate, manchmal sogar länger. Impfungen sind also in der Regel völlig wirkungslos in dieser Zeit und für Jungtiere im Wachstum schädlich, belasten sie doch den ohnehin schon auf Hochtouren laufenden Stoffwechsel und das Immunsystem, das sich mit zahlreichen anderen Erregern und unglaublich vielen neuen Substanzen in der Umwelt auseinandersetzen muss.
Bei Welpen, deren Mutter keine Antikörper gegen die üblichen Verdächtigen hat, gilt das natürlich nicht – z.B. für Welpen und Junghunde aus dem Tierschutz oder von dubiosen Vermehrern.
Zu frühe Impfungen sind sogar gefährlich, denn es kann zu diversen Nebenwirkungen und Entwicklungsstörungen kommen.
Die maternalen Antikörper lassen sich mit Hilfe von Titerbestimmungen ermitteln, durch Impfung oder natürlichen Kontakt mit Erregern erworbener Immunschutz allerdings nicht immer, denn der Körper bildet eine Art Gedächtnis für die einzelnen Erreger und produziert spezifische Abwehrzellen nicht permanent.

Vor der Abgabe werden Welpen aus meiner Zucht vorschriftsgemäß einmalig gegen SHP geimpft (je nach Abgabealter muss dies eventuell schon vor der 12. Woche erfolgen), das weitere Vorgehen muss der neue Halter für sich selbst festlegen. Aufgrund der bereits erwähnten Titerbestimmung im Alter von 6 Wochen gäbe es jedoch eine Empfehlung für den besten Impfzeitpunkt. Hierzu muss nur ein Welpe aus dem Wurf getestet werden, da die Antikörpertiter innerhalb eines Wurfes sehr homogen sind – 98,9% der Welpen haben den selben oder einen nur unwesentlich abweichenden Wert, Stichwort “fraternale Antikörpertiter”.
So kann man sichergehen, dass der Welpe unter minimaler Belastung des Immunsystems effektiv gegen Staupe, Hepatitis und Parvovirose geschützt ist. Dieser ideale Impfzeitpunkt liegt in der Regel bei etwa 14-16 Wochen und bringt im Normalfall selbst durch einmalige Impfung vollen, oft lebenslänglichen Schutz.

Vgl. zum Thema maternale und fraternale Antikörpertiter und die Ermittlung des passenden Impfzeitpunktes u.a. “Untersuchung der Wirksamkeit von Parvovirusimpfstoffen bei Hunden und der Effektivität verschiedener Impfschemata”, FRIEDRICH K., 1999, Homepage von Laboklin oder auch “Praktikum der Hundeklinik”, 10. Auflage 2006, Kapitel 12.2 oder 11. Auflage 2011, Kapitel 14.2.

Weitere Links: http://www.newvaccinationprotocols.com/
http://www.grsk.org/borrel.pdf
Impfleitlinien der WSAVA

Dieser Text stammt aus 2009 und wird bestmöglich auf dem aktuellen Stand gehalten.

* Warum ich die Tollwutimpfung erst mit abgeschlossenem Zahnwechsel empfehle: Junge Hunde erleben bis in etwa zu diesem Zeitpunkt die aufregenste und anstrengendste Zeit ihres Lebens, psychisch und physisch. Sie haben einen Wachstumsschub nach dem anderen, durchleben “Angstphasen”, der Zahnwechsel führt manchmal zu Unwohlsein, Fieber und Infektanfälligkeit usw. Auch das Immunsystem lernt, arbeitet und wird erwachsen, macht sich bekannt mit allen möglichen Reizen und der passenden Reaktion darauf. Die wichtigen Impfungen gegen SHP sind meiner Meinung nach ausreichend belastend in dieser Phase und nachdem die Tollwutimpfung laut StIKo Vet nicht mehr zu den Core-Komponenten (also zu den besonders wichtigen Impfungen) gehört, kann man sie eigentlich getrost einige Zeit aufschieben. Zumal gerade die Tollwutimpfung eine Impfung ist, die Hunden ziemlich zusetzen kann und möglichst getrennt von anderen Komponenten und mind. mit 14-tägigem Abstand zu anderen Impfungen verabreicht werden sollte. Siehe dazu auch “Reisen mit Welpen in der EU“.